Informationen zum Strafverfahren
Eine Möglichkeit des Umgangs mit der Erfahrung sexualisierter Gewalt ist es, eine Anzeige zu erstatten. Dies ist möglich unmittelbar nach der Tat, aber auch später als Erwachsene nach erlebtem „Missbrauch" in der Kindheit. Damit Sie als Betroffene die für Sie richtige Entscheidung treffen können und einschätzen können, was ein Strafverfahren mit sich bringt, haben wir hier einige Informationen zusammengestellt.
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Nutzen Sie auch unser telefonisches und persönliches Beratungsangebot! Wir unterstützen Sie dabei, für sich Klarheit zu gewinnen und eine Entscheidung zu treffen, die zu Ihrer persönlichen Situation passt.
Anzeige - ja oder nein? Wichtig, die Entscheidung trifft die Betroffene selbst!
Für einige Betroffene stellt das Strafverfahren eine erhebliche Belastung dar; anderen hilft es, das Erlebte zu verarbeiten. Mit der Anzeige ist der Täter noch nicht verurteilt. Ein Freispruch ist möglich. Von der Anzeigenerstattung bis zur Verurteilung vergehen häufig Monate bis Jahre. Manche Verfahren werden eingestellt. Manche Frauen berichten, dass das Verfahren, auch ohne dass der Beschuldigte verurteilt wurde, für sie eine sehr entlastende Funktion hatte. Für Angehörige ist es manchmal schwierig auszuhalten, dass eine nahe Bezugsperson Gewalt erlebt hat. Die sofortige Anzeige scheint dann eine gute Möglichkeit, die Ohnmacht, die mit dem Erlebten verbunden ist, zu verändern. Dennoch ist es wichtig, die Betroffene nicht zu drängen, sondern sie eine für sie tragbare Entscheidung treffen zu lassen, so dass sie sich selbst wieder als Handelnde erleben kann!
Wenn Sie sich entscheiden eine Anzeige zu erstatten haben Sie unter Umständen den Anspruch auf eine Psychosoziale Prozessbegleitung (§406g und §397a StPO).
Die Psychosoziale Prozessbegleitung kann Sie durch das gesamte Verfahren begleiten und Sie unterstützen. Weitere Informationen finden Sie hier
Wann anzeigen? Gibt es Verjährungsfristen?
Eine Vergewaltigung verjährt in der Regel nach 20 Jahren. Verschiedene Faktoren bestimmen wann diese Verjährungsfrist beginnt. Auch die Verjährungsfristen nach sexualisierter Gewalt in der Kindheit hängen von verschiedenen Faktoren ab. Eine frühzeitige Anzeige ist oftmals sinnvoll. Sie müssen aber nicht sofort anzeigen. Sinnvoll ist es meist zu genaueren Klärung, einen Rechtsbeistand zu Rate zu ziehen.
Wo kann ich Anzeige erstatten?
Jede Polizeidienststelle kann die Anzeige zu jeder Zeit aufnehmen. Dort findet meist nur eine kurze Anzeigenaufnahme statt. Eine ausführliche Befragung erfolgt meist später durch eine(n) BeamtIn des KK 12 (Kriminalkommissariat) im Polizeipräsidium in Köln. Zu den üblichen Bürozeiten können Sie auch direkt dort einen Termin vereinbaren und dort anzeigen. Bei der Polizei haben Sie das Recht, von einer Frau befragt zu werden.
Kann ich Spuren sichern lassen, ohne eine Anzeige zu erstatten?
Auf jeden Fall ist es nach einer Vergewaltigung sinnvoll, frühzeitig eine ÄrztIn oder ein Krankenhaus aufzusuchen. Ein frühzeitiger Arztbesuch dient vor allem Ihrer gesundheitlichen Versorgung. Wenn es Ihnen möglich ist, sollten Sie sich vor der Untersuchung nicht waschen. Gegebenenfalls können dann z. B. Sperma oder andere Spuren untersucht und auch bei einer späteren Anzeige als Beweise genutzt werden. Empfehlenswert ist auch, dass Sie sich ein ausführliches Attest ausstellen lassen, in dem eventuelle Verletzungen und alle Untersuchungsergebnisse festgehalten sind. In Leverkusen gibt es seit September 2015 ein Verfahren zur anonymen Spurensicherung. Im Klinikum Leverkusen können Sie Spuren gerichtsverwertbar sichern lassen. Nähere Informationen dazu finden Sie hier.
Wie viel muss ich erzählen?
Die Befragung ist sehr ausführlich und kann mehrere Stunden dauern. Sie ist für das weitere Verfahren sehr wichtig. Sie können Pausen einlegen. Von der Befragung wird häufig ein Protokoll erstellt. Darauf stützt sich das weitere Verfahren. Unterschreiben Sie daher nur, wenn alle Angaben stimmen. Änderungen werden sofort aufgenommen. Dies ist auch später möglich, z. B. wenn Sie sich dann an weitere Einzelheiten erinnern. Für diese Fälle ist es nützlich, dass Sie sich den Namen der Beamtin und das Datum der Befragung notieren.
Sie müssen nicht allein zur Befragung gehen. Bei der Befragung haben Sie das Recht, sich von einer Person Ihres Vertrauens oder von einem Rechtsbeistand begleiten zu lassen. Evtl. muss die Vertrauensperson bei der Befragung draußen auf Sie warten. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn sie selbst als Zeugin / Zeuge befragt werden könnten.
Was passiert nach der Anzeige?
Zunächst muss die Staatsanwaltschaft die Polizei beauftragen, zu ermitteln. Das heißt, Spuren werden gesichert und verschiedene Zeugen werden vernommen. Anschließend kann das Verfahren eingestellt werden oder die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage, und das Gericht legt einen Termin für die Verhandlung fest. Dann kommt es zu einem Gerichtsverfahren. In der Hauptverhandlung werden alle Zeugen erneut gehört. Abschließend kommt es zu einem Urteil. Eventuell können Rechtsmittel (z. B. Berufung) eingelegt werden und neue Gerichtsverhandlungen werden festgelegt.
Welche Möglichkeiten habe ich, wenn das Verfahren läuft?
Eine einmal gestellte Anzeige kann nicht mehr zurückgenommen werden. Vergewaltigung und sexueller Missbrauch sind Kapitalverbrechen: Sobald Staatsanwaltschaft oder Polizei von einer Vergewaltigung erfahren, sind sie verpflichtet, die Tat weiter zu verfolgen. Bei einer Anzeige haben Sie das Recht auf Nebenklage und anwaltliche Vertretung. Sobald Sie sich für eine Anzeige entscheiden, können Sie einen Rechtsbeistand beauftragen und Nebenklage beantragen. Ohne Nebenklage haben Sie den Status einer reinen Zeugin. Mit Nebenklage wird Ihre rechtliche Position während des gesamten Verfahrens sehr gestärkt. Ihr Rechtsbeistand kann dann z. B. meist die Ermittlungsakte einsehen und eigene Beweisanträge stellen. Als Nebenklägerin entstehen Ihnen in der Regel keine Kosten. Nebenklage kann zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens beantragt werden. Die Nebenklage ist ausgeschlossen, wenn der Täter zum Tatzeitpunkt minderjährig war. Auch dann empfiehlt es sich, eine Anwältin/einen Anwalt als Zeugenbeistand hinzuziehen.